Schulgeschichte

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Schule und Nationalsozialismus

Unser Gymnasium blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Gegründet wurde die Schule 1938. Auf Druck der Nationalsozialisten, die in Starnberg seit 1933 in besonderem Maße die politische Stimmung beherrschten, wurden 1937 sechs private Schulen im Landkreis geschlossen. Die Stadt Starnberg eröffnete daraufhin eine allgemeine Schule, die „sechsklassige Oberschule Starnberg“ in einer Villa am Bahnhofsplatz 14, der heutigen Volkshochschule. Damit gelang es den Nationalsozialisten, den weiterführenden Schulen ihre geistige Unabhängigkeit zu nehmen und die schulische Bildung der rassistischen und verbrecherischen Ideologie unterzuordnen. Dass sich unser Gymnasium seit 2017 offiziell „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nennen darf, ist eine späte, aber wichtige Aufarbeitung der Gründungsgeschichte. 

Die Villa am Bahnhof war nicht als Schulgebäude gebaut, vieles musste zu Beginn improvisiert werden. Räumliche Behelfslösungen sollten unser Gymnasium auch später immer wieder beeinträchtigen. Im Juli 1940 folgt die Erweiterung auf acht Schuljahre als „Oberschule für Mädchen und Jungen“. 

Der Zweite Weltkrieg hatte auch auf die Schule verheerende Auswirkungen. Lehrer und Schüler verloren als Soldaten im Krieg ihr Leben. Luftangriffe machten einen Schulbetrieb im letzten Kriegsjahr unmöglich. Am 21.4.1944 wurde die Schule geschlossen. 

Schulgründung im Jahr 1938

1938
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Das Gymnasium in den ersten Nachkriegsjahren

Nach dem Krieg ermöglichte die US-Verwaltung der Alliierten rasch die Wiederaufnahme. Schritt für Schritt kamen Schüler hinzu, und bereits am 21.2.1946 gingen wieder 517 Schülerinnen und Schüler zum Unterricht in das alte Schulgebäude. 1949 erfolgte die Einrichtung eines sprachlichen und eines naturwissenschaftlichen Zweigs. Somit waren die beiden Ausbildungsrichtungen eröffnet, die unser Gymnasium bis heute prägen.

Im Jahr 1950 erschien die erste Ausgabe der Schülerzeitung „Die Meinung“, die damit die älteste kontinuierlich bestehende Schülerzeitung in Bayern ist.

In der jungen Bundesrepublik wurden nun demokratisch gewählte Gremien wie Elternbeirat, Klassensprecher und ein Schülerausschuss etabliert. 1952 genehmigte das Kultusministerium, Latein als erste Fremdsprache zu unterrichten. Damit gab es in Starnberg ein „Städtisches Realgymnasium mit Oberrealschule“, der Weg zum Gymnasium Starnberg war bereitet. 1958 wurde durch Mitglieder des Elternbeirats ein Förderverein gegründet, der heute den Namen „Freunde des Gymnasiums Starnberg e.V.“ trägt.

Die Meinung

1950
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1960

Schrittweise Erweiterung des Gymnasiums

Unterdessen platzte die Schule aus allen Nähten, eine seit Mitte der 1950er Jahre andauernde Standortdiskussion über einen Neubau kam schließlich 1959 zu einer Lösung: Auf dem Gelände an der Rheinlandstraße, wo noch Gebäudeteile des alten Krankenhauses standen, wurden in verschiedenen Bauabschnitten Schulgebäude errichtet. Die neue Schule war für 600 Schüler geplant, 732 zogen mit 40 Lehrkräften am 27.4.1961 in der Rheinlandstraße ein. Schrittweise Erweiterungsbauten folgten, zwischenzeitlich wurde im Pausenhof in Containern, die man etwas beschönigend „Pavillons“ nannte, unterrichtet.

Unser heutiges Schullogo stammt aus dem Jahr 1967. Es ist Teil einer Großplastik, die vom damaligen Kunstlehrer Hans-Jürgen Jobst als Kunstwerk mit dem Titel „Die Metamorphosen des Ovid“ auf dem Schulhof in Beton gegossen wurde. 

1970

Schulstreik, Partnerschaft mit Frankreich, Weiterentwicklung

1971 macht die Schülerschaft am Gymnasium Starnberg Schlagzeilen: In einem für damalige Verhältnisse spektakulären „Schulstreik“ werden in der Tradition der 68er-Bewegung autoritäre Strukturen angegriffen, man gibt sich revolutionär, die Politisierung der Jugend hat auch Starnberg erreicht. Die Situation beruhigt sich rasch wieder.

1972 erfolgt die Genehmigung als „offenes Gymnasium“, womit die Wahl der ersten Fremdsprache nicht mehr an die Zweigwahl (sprachlich oder naturwissenschaftliche Ausrichtung) geknüpft ist.  

Seit 1977 ist Starnberg eng mit der bretonischen Stadt Dinard verbunden. Im Rahmen dieser Städtepartnerschaft finden jährliche Schulfahrten statt, es gibt einen intensiven freundschaftlichen und kulturellen Austausch, der von der Schule immer wieder vorangetrieben wurde. 

1981 wird der musische Trakt angebaut, der nun endlich Künstlern und Musikern großzügige Fachräume zur Verfügung stellt. Ebenso wird 1984 der Physik-Trakt zweckmäßig neugestaltet, so dass vielseitige Experimente möglich sind. 

 

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Schulgeschichte der letzten Jahrzehnte

Demokratisch, nachhaltig und digital: Vielfältige Anforderungen an ein zeitgemäßes Gymnasium als Chancen für die Schulgemeinschaft.

demokratisch nachhaltig digital

2020
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Weiterentwicklung bis in die Gegenwart

Der auffälligste Neubau ist freilich die Erweiterung des Schulgebäudes im Rahmen der Einführung des achtjährigen Gymnasiums in Bayern im Jahr 2003. Unmittelbar danach beginnen Planungen und Baumaßnahmen, sodass 2007 eine Mensa für die Ganztagsschule und eine lichtdurchflutete Bibliothek, das Schmuckstück unserer Schule, in Betrieb genommen wurde. Im Jahr 2012 wurde der Biologie- und Chemietrakt technisch neu ausgestattet, eine Erweiterung der Chemiefachräume steht bevor. 

Im Sommer 2019 geriet das Gymnasium Starnberg erneut in die Schlagzeilen: Während im Innenhof im Rahmen des Sommerfests der Schule friedlich und vergnügt gefeiert wurde, lieferten sich schulfremde Randalierer auf der Rheinlandstraße Auseinandersetzungen mit der Polizei. Schüler des Gymnasiums waren nicht beteiligt, dennoch ging diese Eskalation nicht spurlos an unserer Schule vorüber.   

Die innere Schulentwicklung gab unserem Gymnasium ein zeitgemäßes Leitbild: Neben dem Titel „Schule ohne Rassismus“ darf sich das Gymnasium Starnberg seit 2019 auch „Fairtrade-Schule“ nennen, was auf eine Initiative der SMV zurückgeht.  

Die unmittelbar vor Einsetzen der Corona-Pandemie fertiggestellten Maßnahmen der Digitalisierung erhielten gerade durch die pandemischen Folgen einen enormen Schub, sodass unser Unterricht bei Bedarf zu großen Teilen digital und online geführt werden kann. Umso wichtiger ist zugleich die Erkenntnis, welch hohen Wert unser Gymnasium als sozialer Treffpunkt für junge Menschen hat.  

Seit Jahrzehnten bereichert die Schülerschaft das kulturelle Leben in Starnberg und im Landkreis durch zahllose Theateraufführungen, Musicals, Konzerte, Kunstaustellungen, Lesungen und Sportveranstaltungen. Die Schule ist somit zu einem der wichtigsten Träger von Kultur im Landkreis Starnberg geworden. 

 


Quellen:
Hoser, Paul: Der Starnberger Schülerstreik vom 5. März 1971 und seine Folgen. In: Starnberger Hefte 4, hg. von Ernst Quester. Starnberg 2013, S. 50 bis 103.

Schwalbe, Wolfgang: Gymnasium Starnberg. In: Gott zur Ehr´, den Kindern zur Lehr´. 200 Jahre Schule in Starnberg. Starnberger Stadtgeschichte Band 5, hg. von Eva Dempewolf. Starnberg 2010, S. 130 bis 161